Zum Inhalt springen

Bereitet dem Herrn den Weg, macht eben ihm alle Straßen!

von Pfarrer Thomas Gruber.

Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und der Trachonitis, LysaniasTetrarch von Abilene; Hohepriester waren Hannas und Kajaphas. Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias. Und er zog in die Gegend am Jordan und verkündete dort überall die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden, wie im Buch der Reden des Propheten Jesaja geschrieben steht:

Stimme eines Rufers in der Wüste:
Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!
Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden.
Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.
Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.

Lukas 3,1-6

„Bereitet dem Herrn den Weg, macht eben ihm alle Straßen“

Johannes der Täufer und Jesaia sind – alle Jahre wieder – die Rufer, die große Bilder (Bildworte) verwenden, wenn es darum geht, einen „Weg Gottes in unser Herz“ zu beschreiben. Dazu können wir uns „Straßen“ in unserem Leben und unserer Welt gut vorstellen. Durch den Straßenbau ist das Römische Reich erst groß geworden und auch heute ist der Straßenbau nach wie vor ein großes Thema (um nicht zu sagen ein stetes Reizthema).

Wenn man Bürgerversammlungen anschaut, dann ist dieses Thema immer an erster Stelle, wenn die Emotionen hochschwingen. Wenn vor dem Haus die Straße aufgerissen wird und dann über Wochen nichts mehr normal geht, ist die Stimmung (bei vielen) gereizt. Der Straßenbau ist und bleibt immer ein sehr bewegendes und anrührendes Thema. Vom Lärm, von der Mühsal, vom Aufwand her immer etwas sehr „nahe gehendes“.

„Macht eben ihm alle Straßen!“
ist der Ruf heute auf Weihnachten hin. Und damit wird klar, dass es wieder „um etwas geht“. So wie beim Straßenbauthema ist wieder die ganze Aufregung und der ganze Aufwand gefragt, den Gott bei seiner Menschwerdung auslöst!

Der sogenannte „Straßenbauer“ ist Johannes der Täufer.

Damals wird er schon bei Lukas als DER Prophet dargestellt. Wie die großen alten Propheten darf er heute auftreten: Er predigt für die ganze Welt und er will an die Fundamente. Wenn er heute im Evangelium die Leute auf dem Weg von Galliläa nach Jerusalem „abfängt“, wird Fundamentales ausgesagt. 

Das Fundament für einen (nach Jerusalem pilgernden) Juden war die Reinigung im Tempel („Sühne durch Blutopfer“). Johannes bietet eine andere Reinigung an. Es ist die Umkehrtaufe: Der Mensch stellt sein Inneres auf neue Fundamente. Wie beim Straßenbau reicht es nicht, nur schnell „drüber zu asphaltieren“, sondern es darf wieder auf meine/unsere Fundamente des Vertrauens (und damit meines Verhaltens) geschaut werden.

Johannes der Täufer will – wegen der Taufe und im Sinn der Taufe –, dass wir unser „Ich“ wieder auf Gott hin ausrichten.

Auch in unserer im Hier und Heute sind unsere seelischen Fundamente gefragt. Wenn wir wieder in der Krise stehen; wenn wieder alles so eingeschränkt ist (z. B. durch die Pandemie), wird klar, dass wir tiefere Fundamente brauchen.

Vor gut einer Woche konnte man in der Zeitung lesen, dass auch große moderne Philosophen von Gott als einem Fundament gesprochen haben. Der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein zählt sein „Ich“ – und damit meinte er einen Jeden, der sein „Ich“ spürt und denkt – zu den großen Letztgeheimnissen dieser Welt. Für ihn gilt: 
Unser „Ich“ ist durch und durch ein definitives Geheimnis, das ohne Boden ist. Den Boden aber erwerbe ich mir mit dem Glauben an Gott. Das Fundament des Glaubens ist ein Boden, der Sinn geben will.

Mit dem Gedanken dieses modernen Philosophen sind wir wieder bei Johannes dem Täufer, der auch an unser „Ich“ appelliert: Gebt dem Leben das Fundament in Gott und macht Euch bereit für Jesus! Richtet Euer Leben nach ihm hin aus! 

Weihnachten in seiner Liebe ist immer ein Boden, der Ruhe gibt, auch wenn es stürmt und bebt.

Menschen, die einem dies zeigen, braucht es. Am Kapiteljahrtag vor 10 Tagen erzählte unser scheidender Weihbischof dazu ein Beispiel aus seiner Familie, das ihn persönlich sehr bewegt hat: Er hat seinen Vater früh verloren, damals war er noch Student. Als die Familie, also er zusammen mit seinem Bruder mit der trauernden Mutter zusammensaß, kam die Nachbarin und versuchte Trost zu spenden. Sie hatte ihren Mann auch viel zu früh durch Krankheit verloren – und das nur ein dreiviertel Jahr früher. Viel sagte sie nicht, als sie die Mutter des Weihbischofs umarmte, nur: „Gut, dass wir ‚unseren Glauben‘ haben.“

Bereitet dem Herrn den Weg; macht eben ihm alle Straßen! Beten wir um den Glauben in dieser Welt als Fundament für all unsere Lebenswege.