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Christkönig 2022

von Pfarrer Thomas Gruber.

Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links.

Jesus aber betete:
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!

Um seine Kleider zu verteilen, warfen sie das Los. Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten:
Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte.

Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten:
Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst!

Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden. Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn:
Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns!

Der andere aber wies ihn zurecht und sagte:
Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.

Dann sagte er:
Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!

Jesus antwortete ihm:
Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Lukas 23,33-43

Liebe Mitchristen am heutigen Christkönigtag,
von Königen und Königinnen haben wir in den letzten Wochen wieder mehr gehört. Auch wenn wir hier in Deutschland schon seit über 100 Jahren keine Monarchie mehr sind und haben, so war auch das Interesse an den Trauerfeierlichkeiten von Queen Elisabeth II. doch sehr groß. Die schönen Bilder von großer Festlichkeit am Trauerritual, die vielen Kommentare ob ihrer Beliebtheit wegen ihrer Selbstlosigkeit für ihr Amt und Volk haben uns alle bewegt. Und auch die Frage, ob ihr Sohn, jetzt König Charles III, in den übergroßen Fußspuren seiner Mutter Bestand haben wird, wird diskutiert.

Man sieht: Eine gewisse Sehnsucht nach einem König ist irgendwie immer noch da. Nicht nur weil die Regenbogenpresse ihre wahre Freude an solch wichtigen Personen hat. Die Sehnsucht nach einer gewissen Königsmacht ist in allen Kulturen zu spüren, auch wenn bei uns die Demokratien schon längst besser dastehen als andere politische Regierungsformen. 

Wenn ich von der Sehnsucht nach einer Königsmacht spreche, meine ich eher damit, dass man gerne nach Leitfiguren sucht, die fast wie Könige sind. Es geht um eine Macht, die eine Leitkultur vorgeben möchte. Wenn man ehrlich ist, vieles hat eine gewisse (nahezu) königliche Macht über uns. Man spricht gerne von „König Fußball“, wenn die schönste Nebenbeschäftigung beschrieben wird. Seit gestern läuft sie wieder, die WM. Aber auch vieles andere übt „Sehnsuchtsmacht“ aus: Die Sehnsucht nach Vergnügung, die Sehnsucht nach Wohlstand, und noch so vieles mehr.

Der König im Alten Testament (König Saul, König David) war auch eine „Sehnsuchtsfigur“. Die Menschen in Israel wollten damals einen König. Interessant ist dazu: Gott selbst hat vor solchen Sehnsüchten nach einem König gewarnt, weil ein solcher auch die Macht missbrauchen kann. Nicht mehr die Wahrheit und die Sorge um den Menschen stehen dann noch im Mittelpunkt, sondern der Erhalt der Macht kann sich in das Königtum einschleichen. Gott will aber ein Königtum, das Macht über die Herzen hat. Macht über das Herz braucht ein offenes Ohr und ein aufmerksames Auge. Berühmt dazu sind die Wünsche des weisen König Salomo: Nicht Macht und Geld, sondern ein hörendes Herz hat er sich von Gott erbeten.

Aufmerksamkeit und Hinhören auf die echten Bedürfnisse dieser Welt, auf Gerechtigkeit und was die Menschen brauchen, ist wichtig und wird erbeten. Im Alten Testament ist – übrigens – gegen Königsmacht immer auch die wahrheitssuchende Prophetenmacht aufgetreten – immer um die Königsmacht zu korrigieren. Ihr ging es auch immer um Gerechtigkeit.

Mit Jesus wird diese Sehnsucht nach Wahrheit wieder neu angesprochen – ja quasi „wiederbelebt“: Er hat das hörende Herz und ist der König, der in das Paradies der Wahrheit führt.

Da zeigt sich eine völlig andere Königsmacht:
Jesus ist der König am Kreuz; ein „Königtum nicht mehr von dieser Welt“ ist fast schon ein Widerspruch. Wir hören aber im Gespräch mit dem reumütigen Schächer am Kreuz (Evangelium von heute): Derjenige, der seine eigene Wirklichkeit, seine eigene Wahrheit und die Gerechtigkeit erkennt und dann Reue zeigt, ist im Reich seiner Königsherrschaft zu Hause. Und das „über den irdischen Tod hinaus“. Hier herrscht die Liebe.

Gott will die Freiheit von irdischen Abhängigkeiten, weil die Wahrheit immer im Blick ist und das Herz der Menschen. Das ist ein neue Blickweise.

Geschichtlich war gerade 1925 die Einführung des Christkönigsfestes bezeichnend. Nach dem Niedergang vieler Königreiche, die sich auf das Gottesgnadentum beriefen und auch nicht immer der Wahrheit dienten – und dem Aufstieg der politischen Extremisten von links und rechts, die sehr totalitär waren, suchte der Glauben der Kirche die „Sehnsucht nach einem Königtum der Herzen“, das in Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit über allem steht. So wie es Jesus als König am Kreuz „angedeutet“ hat. Ja, so ist Christus unser König.