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Gedanken zu Neujahr 2021

von Pfarrer Thomas Gruber.

Es gibt da eine kurze Geschichte, die erzählt von einem Mann, der am Jahresbeginn dem Engel begegnete, der am Eingangstor des Neuen Jahres stand. Der Mann merkte, er habe jetzt die Chance, seine Wünsche für das Kommende zu äußern.

„Lieber Engel,“ bat er „gib mir das Licht, damit ich sicheren Fußes der Ungewissheit gegenüberstehen kann!“.

Der Engel schaute den Mann zuerst kurz wortlos an, dann antwortete er ihm mit fester Stimme:
„Geh nur in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes, das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg!“

„Geh nur in die Dunkelheit!“ Nun denn, liebe Mitchristen, beim ersten Mal hören: Sehr aufbauend sind die Neujahrswünsche dieser Geschichte ja nicht gerade.

Licht und Sicherheit sind doch kurz gesagt die wichtigsten Dinge, die sich ein jeder wünscht! Darauf lassen sich die Hoffnungen, des Lebens aufbauen.

Warum jetzt auf einmal „Geh in die Dunkelheit“, warum diese schwarze Sicht, wo wir doch in diesem derzeitigen „Coronalockdown“ und in der Hoffnung mit den jetzt begonnenen Impfungen wahrlich Passenderes, „Aufbauenderes“ bräuchten.

Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe diese einleitende Geschichte nicht deshalb erzählt, um jetzt schwarz zu sehen – auch wenn es vielleicht so manche Berechtigung dazu gäbe – sondern ich wollte damit eigentlich nur auf eine „neue“ (andere) Sicht und Haltung hinweisen. Eine Haltung und Sicht wie sie auch Maria leben musste und konnte! Eine Sichtweise und Haltung, die uns heute als eine mögliche „christliche“ für das kommende Jahr mitgegeben werden möchte:

„Geh nur in die Dunkelheit und leg deine Hand in Gottes Hand, das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg“

Diese Worte sagen uns zweierlei:

Zum Einen – oft wurde es schon gesagt – wir können uns auf unsere Sicherheiten, auf unsere eigenen Errungenschaften und Kräfte einfach nicht verlassen! Nichts in der Welt oder von dieser Welt ist sicher! Nichts aus dieser Welt ist wahrhaft das klare verlässliche Licht!

Jedes Planen, jedes Meinen, jedes nur menschliche Rechnen ist immer Fehler behaftet!

Und immer wieder kommt da und dort was daher, was wirklich Dunkelheit bringt und uns damit die Augen öffnet.

Persönliche Schicksale oder jetzt die „Coronapandemie“ geben uns Kunde. Dieses Dunkel, was da daherkam, öffnete ein wenig die Augen dafür, wie wichtig es doch ist, mit ein wenig Offenheit und Vertrauen aufeinanderzuzugehen und nicht sich auf Eigenes zurückzuziehen.

Es gilt eigentlich für einen jeden: Nur auf sich selbst zu schauen, nur für sich selbst zu rechnen, all das kann einen so leicht hinters Licht führen, blind machen für das, was wirklich ist oder passieren kann!

„Geh nur in die Dunkelheit und leg deine Hand in Gottes Hand, das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg“

Zum Anderen gibt uns dieser Satz doch sehr viel an Zuversicht! Er macht uns bewusst, dass einfach vieles nicht in unserer Hand liegt und uns viel aus der Hand genommen wird. Das macht eigentlich auch frei. Von all der Lebensplanung wird dadurch der Druck genommen, Erfolg haben zu müssen. Da bleibt nur noch das Vertrauen. Das Vertrauen wird damit zum ersten Motor/Motivator meines Lebens. Die Geschichte also will andeuten, dass wir aus unseren Kräften heraus nichts sicher planen können, nur noch das Vertrauen (besonders) in Gott einzig tragend ist. Ein Vertrauen, das einzig noch fähig ist, auf Dunkelheit reagieren zu können.

Lieber Schwestern und Brüder,
gerade Maria ist es, die uns heute für diese Haltung als ein Lebensbeispiel vorgestellt wird. Das ist wohl auch der Grund, warum die Kirche wieder einmal ein Marienfest angesetzt hat, eben auf heute, den Jahresbeginn:

Mit ihren Leben hat sie eine zukunftsträchtige Perspektive vorgelebt oder, besser gesagt, eine „Gott in die Welt bringende“ Haltung!

Sie hat sehr wohl geplant. Sie hat sehr wohl auf das Ihrige geschaut. So wie es für jeden Menschen normal ist. Doch das Besondere an ihr ist, sie hat ihre Planungen von Gott ganz und gar formen lassen. Maria hat sich in ihrem Leben mehr als nur einmal auf Etwas Neues einstellten müssen, als sie Jesus empfing, als sie ihn wirklich in unerwartet schäbigen Verhältnissen gebar, als sie ihn im Tempel suchte, ja als er starb. Mehr als einmal musste Maria Sicherheiten loslassen, Planungen über Bord werfen, immer wieder musste sie neue Erkenntnisse zulassen, Risiken, Wagnisse waren sozusagen kalkuliert, und auch das Dunkel wurde bei ihr nicht ausgeblendet, sie hat es auch erlebt. Doch das alles war eingebettet in ein tiefes Vertrauen in ihm. Für sie war die „Oberste Maßgabe“, an seiner Hand zu leben (Edith Stein)

Diese Maßgabe möge auch für uns auch in diesem Jahr wieder gelten.

All unser Planen und Erleben (Geburt eines Kindes, Umzug, eine Entscheidung für einen gemeinsamen Lebensweg mit einem anderen, Anpacken neuer Dinge ob Schule Beruf, Haus, mögliche Schicksalsschläge, Krankheiten im großen oder im kleinen oder Trennungen): Dies und vieles mehr soll getragen sein von einem tiefen Gottvertrauen. Ein Vertrauen, das uns fähig macht, auch Schwierigem zu begegnen.

In diesem Vertrauen mag uns Gott die Kraft geben, das zu sehen, was von ihm kommt, und das zu tragen, was uns prüft, und das weiterzugeben, was uns im Glauben stärkt.

Diesen Wunsch  möchte ich mitgeben – heute zum Beginn dieses Jahres 2021. Auch wenn wir in gewisser Hinsicht auf ein besseres Jahr hoffen:

Gehen wir nicht in unserer brüchigen Sicherheit, sondern stets an der Hand Gottes, damit auch in Dunkelheiten wieder Licht werden kann!

Amen.