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Gegenwart

von Pfarrer Thomas Gruber.

Das Kommen des Menschensohnes
Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

Der nahe, aber unbekannte Zeitpunkt
Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass er nahe vor der Tür ist. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

Markus 13,24-32

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitchristen am heutigen Tag der Volkstrauer,
Schockbotschaften gibt es heute nach wie vor. Nachrichten, die verunsichern und beunruhigen, sind nicht auszurotten – trotz allem technischem und sozialem Fortschritt.

Da hat uns z. B. die Pandemie immer noch fest in der Hand und man weiß nicht, was noch kommt.
Da spielt das Klima bis vor unsere Haustür (wenn man an die Bilder von den Regenkatastrophen im Juli anschaut) völlig verrückt und die bisweiligen Veränderungen im Klima lassen Weiteres befürchten.
Da kommt die Diagnose einer schweren Krankheit – irgendwo – daher, und man stellt fest, die Trefferquote solcher Krankheiten ist und bleibt engmaschig.

Die Reaktionen auf solche oder unzählige ähnliche Botschaften fallen da gerne nach einem bestimmten Schema ab.

Entweder will man sie nicht wahrhaben, und man blendet einfach alles aus. So nach dem Motto: Solange es einem selbst nicht direkt trifft oder es wehtut, ist es nicht da. Und oder will es nicht akzeptieren.

Oder man wird plötzlich selber zum „Unheilspropheten“ und beginnt, die Sache in die Hand zu nehmen, indem man selber nachrechnet, wann die Katastrophe eintritt … und dabei dann unheimlich viel Panik und Angst verbreitet, so dass man nun noch „das Dunkel“ verspürt, bevor es überhaupt „möglich wird“.

In einem auf den Punkt gebrachten psychologischen Sinn kann man es so zusammenfassen:
Bei Botschaften, die eine deutliche Veränderung anzeigen, kann man einerseits an der Vergangenheit hängenbleiben und in ihr verharren, ohne die Fakten der Gegenwart wahrnehmen zu wollen oder zu können.
Oder andererseits wird man von der Zukunft förmlich aufgesaugt oder gefangengenommen. Nur noch die düstere Zukunft mit den Befürchtungen und möglichen Schreckensszenarien bestimmen dann die „Lebensklänge“. Und dann kommt es all zu leicht zu Lähmungen, die das Leben bestimmen.

Mit dem heutigen Evangelium sind wir genau in diesem Thema und in dieser Problematik.

Beim Wahrnehmen unserer Vergänglichkeit, und die haben wir (das dürfen wir heute ja auch wieder ansprechen, damit wir es nicht vergessen), dürfen wir nicht in eine Schieflage geraten, also nicht in die Vergangenheit abwandern oder in die Zukunft ausbrechen.

Jesus sagt einfach gesprochen:
Vergesst die Gegenwart nicht! Denn nur in einer richtig gelebten Gegenwart sehen wir die Vergangenheit richtig(er) und finden so in eine passablere Zukunft (siehe Markus 13,25.31). Gott in Jesus Christus seinem Sohn hält sich voll in Gegenwart auf. Mit uns in der Gegenwart.

„Vertraut auf mich! Die Zukunft könnt ihr sehen, aber Gott alleine hält sie in der Hand!“ will Jesus damit sagen. 

Gott will uns in unserem Leben jetzt – mit all der Hoffnung, die wir aufbringen können.
Gott will uns beleben – mit all dem Verstand, den er als Schöpfer uns in den Kopf gegeben hat.
Gott will uns stärken – mit der Liebe, die im anderen Menschen immer das Wertvolle sieht, und nicht in der Unversöhnlichkeit lebt.

„In der Gegenwart leben“ heißt nicht, Parallelwelten aufbauen, heißt nicht, sich Abschotten und Andere aus dieser seiner Welt ausgrenzen.  

Wenn Jesus von der Unvergänglichkeit seiner Worte redet, ist das keine Vertröstung auf ein „Es wird schon wieder“, sondern darin schärft er unseren Blick für die Welt. Das Erinnern ist dann nicht nur volkstümliche Unterhaltung mit Blasmusik, sondern ein Weckruf zu einem verantwortlichen Wahrnehmen der Gegenwart und der aktuellen Situation. Und es ist ein Weckruf zu Aufmerksamkeit für unsere Menschen im „Jetzt“.

Mit seinen Worten werden wir von einem Geist beseelt, der in seiner siebenfachen Ausstattung uns hilft, mit Freude und ohne Furcht in eine Zukunft zu gehen, ganz gleich, wie wir sie uns ausmalen.