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Komm Heiliger Geist, der Leben schafft

von Pfarrer Thomas Gruber.

Komm Heiliger Geist der Leben schafft.
Erfülle uns mit deiner Kraft.

Dieser schon weit über 1000 Jahr alte, aus dem Lateinischen genommene Hymnus („Veni creator spiritus“), der Rabanus Maurus zugeschrieben, begegnet uns jetzt wieder an Pfingsten. Dieses uralte Lied lädt uns von Anfang an ein, den Geist als Lebensatem dieser Welt zu sehen.

Der Geist ist unser Sein, bevor wir am Morgen aufwachen und nachdem wir am Abend eingeschlafen sind.
Er ist das Atmen, bevor wir ein Wort sprechen.
Er ist das Sein, das alles ins Leben bringt, bevor wir anfangen, uns darüber Gedanken zu machen.
Er ist das „Schnaufen“ durch jede „Lebensmaske“ hindurch.

Er ist das „blanke Sein“, das uns (aber) nicht düster wie ein blinder Wille roh durch die Schöpfung treibt (so wie es der Pessimist Arthur Schopenhauer vor 200 Jahre gesehen hat).

Der Geist ist das tief in uns wohnende Dasein, das uns bestätigt, dass wir sind und leben dürfen. Er ist der geistige absolut lebenswichtige Sauerstoff, den alle brauchen.
Er ist die Liebe, die von Gott ausgeht, wie der 1. Johannesbrief (4,14) andeutet und es alle Kirchenvätern (siehe Augustinus) bestätigen.
Dieses Sein, das schon in uns wirkt, bevor wir die Welt in Worte fassen (und uns dabei auch über die Schlechtigkeit der Welt „ernsthafte“ Gedanken machen).

Der große Theologe Karl Rahner will den Heiligen Geist als „Träger aller Erfahrung“ sehen. Im Geist leben wir und in diesem sind wir zunächst immer auch schon „getragen“.

„Komm Heilger Geist der Leben schafft“

Er ist schon da, bevor wir etwas denken, geschweige denn sagen können.
Er ist schon im Seufzen, wie es der Römerbrief im 8. Kapitel äußerst klassisch beschreibt.

Eigentlich ist er schon vor jeder Beschreibung:
Er ist im Lachen und Weinen.
Er ist im Aufatmen und im Durchatmen.
Er ist unser Leben selber.
Er ist die pure Gegenwart, ohne dass wir uns über Zukunft und Vergangenheit schon Gedanken gemacht haben.

Der Geist bläst uns aber nicht durch die Zeit, so dass wir vom Fahrtwind erdrückt werden müssten.

Der große deutsche Mystiker Meister Eckhart spricht gerne vom „Nu(n)“ (gleich bedeutend dem „Jetzt“) und will damit die „pure Gegenwart“ als Ort des echten Lebens aufzeigen, wo der Heilige Geist als wirklicher und auch göttlicher Lebensspender („Vivificator“) auftritt. In der Gegenwart sind wir auch erst richtig lebendig, wenn wir uns nicht von Zukunftsängsten oder schwermütiger Vergangenheitsbewältigung“ ersticken lassen. Der echte Sauerstoff des Lebens wird im „Jetzt“ geatmet. Wann denn sonst?

Der „Geist weht, wo er will“ ist das große „geflügelte“ Wort aus dem 3. Kapitel des Johannesevangeliums.
Das ist kein Aufschrei in eine ungewisse Zukunft hinein.
Es ist das Atmen der „puren Gegenwart“, wo uns die Zukunft offensteht.

Die Gegenwart ist und bleibt klar unvollendet, sie ist nicht perfekt. Das geht einem erst auf, wenn man die russische Sprache lernt und dabei feststellen muss, dass die Gegenwart nur im „unvollendeten“ Aspekt anzutreffen ist. Die Gegenwart in ihrem puren Sein ist eigentlich das wahre „Imperfekt“, nicht die Vergangenheit. Damit ist der Heilige Geist nicht das „Ergebnis unseres Lebens“, sondern immer der Verlauf – mit all seinen Fehlern. Das Leben im Geist ist immer auch Wagnis, weil wir ein Herz haben, das etwas wagt (H. Newman). Nicht anders könnte der große Heilig-Geist-Hymnus gesungen werden, nicht anders könnten wir die wahre Kraft des Lebens im Geist spüren.

Komm Heilger Geist der Leben schafft.
Erfülle uns mit Deiner Kraft.
Dein Schöpferwort rief uns zum Sein.
Nun hauch uns Gottes Odem ein.