Zum Inhalt springen

Maria – der große Schlüssel für Weihnachten

von Pfarrer Thomas Gruber.

Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.

Der Engel trat bei ihr ein und sagte:
Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.

Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.

Da sagte der Engel zu ihr:
Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.

Maria sagte zu dem Engel:
Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?

Der Engel antwortete ihr:
Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich.

Da sagte Maria:
Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.

Danach verließ sie der Engel.

Lukas 1,26-38

Der Advent ist die Zeit, die uns auf Weihnachten vorbereiten will. Der Advent will uns auch innerlich für Gott „aufschließen“. Die äußere Stimmung des Advents, die in der diesjährigen Coronazeit ohnehin äußerst limitiert ist, gilt für uns im Glauben nur als „Beiwerk“ in Richtung Weihnachten.

Die biblischen Gestalten des Advents helfen uns, die Geburt Gottes auch in unserem Inneren (also im Kern) zu spüren und zu vollziehen.

Gestalten des Advents sind – alljährlich – der Prophet Jesaia und Johannes der Täufer. Sie stehen für das „Programm“, Gott in sich zu finden. „In sich zu gehen“ und in seinen „Wüstenzeiten“ Gott zu suchen und zu erspüren, sich auf Gedanken von Entbehrung, der Krise, der Umkehr und der Hoffnung einzulassen, ist der Wunsch dieser wichtigen adventlichen Gestalten.

Die größte Schlüsselfigur, die das beste Programm für eine Vorbereitung der Geburt Gottes „in uns“ bietet, ist natürlich Maria. Sie hat Jesus, den Sohn Gottes, ja wirklich geboren. Sie ist also der Mensch schlechthin, der der uns zeigt, wie der Glaube im Menschen zu „schwingen“ (also „lebendig zu werden“) beginnt.

Das Evangelium von der Verkündigung ist in gewisser Weise das sich immer wiederholende „Lied“, das uns die Melodie des Glaubens vorsingt. Maria erfährt durch den Erzengel Gabriel ihren Glauben an Gott.

Maria als große Glaubensgestalt hat sicherlich von Gott die maximalen Bedingungen geschenkt bekommen, „Ja“ zu sagen und damit Gott in sich einzulassen. (In der kath. Kirche sagt man dazu, sie sei „ohne Erbsünde“ empfangen worden). Doch wir können sie trotzdem als geeignetes Vorbild sehen, auch ein ganz freies „Ja“ zu sagen, wenn es um Gott und seinen Willen in unserem Leben geht.

Drei Motive durchziehen das Leben Marias. Diese drei hören wir heute im Evangelium deutlich.

1. Maria fürchte Dich nicht!
Ängste durchziehen jeden Menschen. Existenzangst, Todesangst, Beziehungsangst, all diese Ängste werden in unserer Gesellschaft mittlerweile mit Aufmerksamkeit wahrgenommen. Mit all diesen Ängsten lassen sich Menschen auch leicht beeinflussen oder gar manipulieren. „Angst“ und „Sorge“ durchziehen unsere Seelen. Und darauf reagiert unser Glauben. Die Bibel ist voll von den Botschaften „Fürchtet Euch nicht, fürchte Dich nicht!“ Diese Botschaft bedeutet nicht, dass wir uns ein „Mut-mach-lied“ vorsummen müssen, wie es Kinder gern bei Spaziergängen in nächtlichen Wäldern machen.

Das „Fürchte Dich nicht“ ist ein sehr großer Ruf, der von oben her, unsere Psyche durchtränken will.

2. „Maria denkt nach!“
Maria bleibt kritisch. Angesichts der Botschaft, einen Retter und Friedensfürsten zur Welt zu bringen, braucht sie alles an Verstand und Vernunft. Glaube wäre ohne den Verstand blind. Das sagen schon die alten Kirchenväter. Und wer glaubt, Glauben hieße „nichts wissen“, sollte da seinen Glauben gleich mal kritisch hinterfragen. Der Glaube ist ein Geschenk, das Achtsamkeit, Vorsicht und  ein großes Maß an Verstandesleistung mit sich bringt.

3. Doch dann kann schließlich das „Ja“ kommen.
Auch bei Maria verlässt sich Gott darauf, dass es im letzten ein überlegtes, offenes und vor allem freies „Ja“ des Menschen ist, das Gott Mensch (und den Glauben lebendig) werden lässt.

Auch wenn wir beim Glauben in vielen Gewohnheiten, Traditionen, Gebräuchen, Gefühlen und vor allem Erfahrungen stecken, manchmal sogar „feststecken“, so ist der Glaube im Kern etwas freies. Er möge immer das freiste sein, was wir haben können.

Alles kann von Zwängen umschlugen oder gar geraubt werden; der Glauben aber im Letzten nicht.

Das ist wohl die stärkste Botschaft, die der Advent in den letzten Tagen vor Weihnachten aufbietet.

So ist Maria die größte Schlüsselfigur der „Gottesgeburt“ an Weihnachten. So will Gott auch uns im Innersten anrühren.

In der derzeitigen Krisenzeit fehlt viel an adventliches „Beiwerk“, wenn die vorweihnachtliche Stimmung in gewisser Weise an ein „Minimalmaß“ angepasst ist; doch es bleibt immer – jetzt sogar noch mehr – die Chance, Gott in uns lebendig werden zu lassen.

Amen