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Schlüsselmomente

von Pfarrer Thomas Gruber.

Jesus ging mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi.

Auf dem Weg fragte er die Jünger:
Für wen halten mich die Menschen?

Sie sagten zu ihm:
Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten.

Da fragte er sie:
Ihr aber, für wen haltet ihr mich?

Simon Petrus antwortete ihm:
Du bist der Christus!

Doch er gebot ihnen, niemandem etwas über ihn zu sagen.

Dann begann er, sie darüber zu belehren:
Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. Und er redete mit Freimut darüber.

Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen.

Jesus aber wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht:
Tritt hinter mich, du Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte:
Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

Markus 8,27-35

„Schlüsselmomente“ bestimmen unser Leben

So wie ein Schlüssel Zugang zu irgendwelchen Zimmern oder Häusern verschafft, sind Schlüsselmomente auch für uns im Leben auch immer sehr erhellend. Ein Satz eines anderen Menschen, ein Ereignis, eine Handlung können wie Schlüssel wirken, ja manchmal wie ein erhellender Blitz, wenn Licht ins Dunkel gebracht wird: Da wird was erkannt oder da wird was durchschaut. Es wird etwas klarer, da blickt man durch.

Die Bibel und damit unser Glaubensbuch hat auch Schlüsselstellen, und die Schlüsselstelle des Neuen Testaments – im Glauben an Jesus Christus – ist die, die wir gerade wieder gehört haben. Diese Stelle ist uns bekannt. Petrus erkennt den Jesus als den „Christus“ (den erwarteten Messias). Jesus belehrt die Jünger jedoch gleich darauf, dass er als „Christus“ leiden müsse, um dann zum „Ewigen Leben“ auferstehen zu können. Petrus, der ihn als der „Christus“ erkannte, will das Leid aber nicht. Und Jesus weist ihn zurecht, mit den Worten „Hinter mich!“ also: „Vertraue! Dann wird dein Leben zum echten ewigen Leben hin ausgerichtet“.

Hier wird ein Schlüssel in ein Schlüsselloch gesteckt, es wird gedreht und es öffnet sich eine Tür.

Im Matthäusevangelium werden dem Petrus auf Grund seiner Erkenntnis die Schlüssel des Himmelreiches übergeben. Diese Stelle kennen viele. 

Hier im Markusevangelium aber wird diese Schlüsselstelle noch nicht so euphorisch beschrieben. Markus beschreibt alles etwas „vorsichtiger“ und „bremst auch ein“, weil er weiß, dass man Gott und den Glauben nicht so leicht in Worte fassen und damit „besitzen“ kann.

Der Schlüssel ist Jesus, ja, das wird heute klar ausgedrückt.

Er ist der „Gottbringer“, der „Christus“, der leiden muss. Dann wird er auferstehen. 

Er erfüllt damit zuerst die Erwartungen, die ein Glaubender seiner Zeit im Herzen trägt: als der Prophet, als der leidende Gottesknecht, als der Gerechte, der, weil er so unendlich gerecht ist, auch scheitern kann in dieser Welt und damit auch leidet. (hier besteht ein Bezug zur Lesung aus Jesaia 35)

Doch er übersteigt auch die Erwartungen, mit dem Wort „Christus“ ist auch etwas „Übergroßes“ ausgedrückt. Im heutigen Evangelium.

(Nur) Menschliche Erwartungen zu erfüllen reicht oft nicht, viele Menschen verlieren ihren Glauben, weil sie nur menschliche Erwartungen haben, und die oftmals maßlos enttäuscht werden können.

Der Schlüssel heute öffnet auch zu der Erkenntnis, dass Gott in Jesus größer ist, als wir erwarten können. Oftmals ist Gott auch unerwarteter, als wir glauben können.

Wir hören es: Mit seiner Leid und Todesankündigung (wie es ja dann auch passieren wird)  und dann vor allem mit seiner Auferstehung sprengt er ja auch die Erwartungen seiner Jünger.

Der Petrus steht da ein Stück weit für das „Schlüsselloch“ in der Geschichte für heute.

Petrus erkennt zwar, dass Jesus größer ist als die menschlichen Erwartungen. Er erkennt, Jesus ist mehr als nur ein prophetischer Mensch, der Gerechtigkeit und Moral bringt. Er erkennt, Jesus ist mehr als nur ein sozialer „Revolutionär“.

Er weiß mehr als nur, wie es die Meinungen der Menschen zum Ausdruck bringen. Doch er muss auch erst noch lernen, dass die Größe Gottes auch seine eigenen Erwartungen sprengt, als Jesus vom Kreuz spricht.

Jesus tadelt Petrus mit den Worten „Hinter mich!“. Es geht um das grundlegende Grundvertrauen. Dieses ist das Schlüsselloch auch für unser Leben. Aller Glaube, alles Wissen um den Glauben dient einzig dem Vertrauen sich „hinter Jesus“ zu stellen.

Jesus deutet ja klar an, dass das Kreuz auch in das Leben hineingehört, um zum Leben zu kommen.

Das Vertrauen in Jesus, wenn unser Leben „Durchkreuzungen“ erfährt, zu haben, ist das entscheidende heute. „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten“ ist dann der Satz, der es versucht zu erläutern. Dieser Satz klingt zunächst widersprüchlich; doch er versucht zu sagen: Nebensächlichkeiten werden oft im Leben wichtig und das Wichtigste wird dann vergessen. Streit um nicht so wichtige Dinge zerstört oft den „Frieden im Ganzen“. Man verliert das eigentliche „Leben“, weil man oft nicht so wichtige Dinge vorne anstellt. Das Vertrauen in Jesus ist der „Friede im Ganzen“, das Kreuz ist dann oftmals die Erkenntnis des Herzens, dass vieles im Leben auch durchkreuzt werden kann: man kann nicht alles haben. Was man dann aber am Schluss hat, ist das „Tiefe Vertrauen in Gott“ und dann „das Ewige Leben“. Im Glauben ist es möglich. Somit wird Jesus zum Schlüssel für das Himmelreich, und wir sind die Schlüssellöcher, für die sich die Türen dorthin auftun.