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Wer Ohren hat, der höre! Ihr also, hört, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.

von Pfarrer Thomas Gruber.

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte:

Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.
Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.
Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

Wer Ohren hat, der höre! Ihr also, hört, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.

Zu jedem Menschen, der das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Schlechte und nimmt weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; bei diesem ist der Samen auf den Weg gefallen.
Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt; er hat aber keine Wurzeln, sondern ist unbeständig; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er sofort zu Fall.
In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört, und die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum ersticken es und es bleibt ohne Frucht.
Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt Frucht – hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.

Matthäus 13,1-9.18-23

Endlich einmal ein Evangelium, das man schnell und einfach verstehen kann. Die Erzählung vom Sämann und seiner Aussaat ist ein Vergleich, also ein Gleichnis, das dem Zuhörer nicht schwierig erscheint.

Heute ist Jesus nicht groß provokant, verwirrend, undurchsichtig oder aufscheuchend. Heute haben wir mal ein Evangelium von beschaulicher Klarheit.

Auch wenn wir heutzutage nicht mehr so viel in der Landwirtschaft Tätige haben, so ist doch die Arbeit im Garten für viele eine Alltagsangelegenheit. Aus diesem Grund ist das Gleichnis vom Sämann und seiner Aussaat, die so unterschiedlich aufgeht, leicht zu verstehen.

Dieses Gleichnis steht gleich am Anfang der dritten großen Rede Jesu im Matthäusevangelium. Mit seiner „Gleichnis-rede“ möchte er Vergleiche anstellen, um die Wirklichkeit des Glaubens einfach und schön verständlich darzustellen.

Mit dem „Sämann-gleichnis“ ist der Vergleich sogar so einleuchtend, dass Jesus  es gleich selbst in die Hand nimmt und die Predigt zu dieser Stelle hält. Das ist auch einmalig im Evangelium.

Jesus ist der Realist am heutigen Tag!
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Sämann, der Samen ausstreut!

Ein Teil fällt auf […] ein anderer Teil fällt auf […], wieder ein anderer Teil fällt auf […], schließlich fällt ein letzter Teil auf guten Boden und dieser bringt reiche, überreiche Frucht!

Jesus spricht wie ein guter Beobachter und wohlwollender Realist! Er sagte schon damals die unterschiedlichen Erfahrungen voraus, er weiß um das Umfeld, das den Glauben so leicht buchstäblich im Keime zu ersticken vermag! Er „liest“ das Gleichnis in den Glaubensalltag hinein.

Er selbst weiß um die Unterschiedlichkeit im Glauben. Und wir alle kennen die verschiedenen Situationen – ob bei uns oder bei anderen – in denen mal länger oder nur kurz Glaubensbegeisterung gezeigt wird, in denen je nach den Umständen keine Freude am Glauben aufkommt oder aber im Alltag und in der  Bequemlichkeit der Glaube förmlich erstickt wird.

Das lässt allerdings schon einen gewissen faden Beigeschmack beim heutigen Evangelium zurück:
Bei dem realistischen Blick auf unsere Glaubenserfahrungen mag man nun allerdings durchaus geneigt sein, jetzt etwas „negativ“ auf unseren Glauben oder besser gesagt, auf die Umstände unseres Glaubens zu schauen. Man muss da gar keinen „Grünen Daumen“ haben, man muss da gar nicht in der Landwirtschaft oder einfach nur im Garten tätig gewesen sein; es klingt beim ersten Mal Hören nicht sehr aufbauend – ja eher frustrierend – wenn man da von den vielen „Fehlernten“ im Glauben hören muss.

Es mag schon eine(n) ein wenig missmutig stimmen, wenn man da vom erstickten, vom überwucherten – ja vom ausgebrannten Glauben hört.

Aber „Frust“ wäre hier nicht der rechte Eindruck, und wäre für uns auch keine schöne Glaubenseigenschaft.

Jesus fängt diesen faden Beigeschmack doch recht gut auf, auch wenn natürlich sein realistischer Blick ernst zu nehmen ist.

Er ermutigt natürlich auch, auf das gute Aufgehen der Saat zu schauen.

So nach dem Moto: Wenn auch nicht immer viel aufgeht, von dem was gesät wird; doch wenn, dann 100fach!

Wer Ohren, hat der höre!

Hören und glauben sind die Bausteine, die uns Jesus mit auf den Weg geben will – in diesem ersten Gleichnis dieser Rede Jesu:

Natürlich ermutigt er uns auch, den Samen auf unserem seelischen Boden so gut wie möglich aufzunehmen! Das „Gute Wort“ des Glaubens, wie zum Beispiel heute in Lesung und Evangelium, sowie in der „Kommunion“ als Stärkung, mögen wieder Samenkörner sein, die wir in die Welt hineintragen! Seien wir gewiss:
Gott sät sehr großzügig, ihm geht der Samen seines Saatgutes der Liebe nicht so schnell aus. Keine Sorge!

Wir werden von Jesus heute darauf hingewiesen, „wie Himmelreich hier auf Erden geht“: Mal gibt´s auch „Frust“, aber nicht Mutlosigkeit!
Mal gibt´s Enttäuschung, aber nicht Resignation!
Freude statt Traurigkeit, weil Gott immer wieder gibt, ja großzügig gibt!
So lautet seine Devise.

Ich habe da ein ganz besonderes, ja ein extremes Beispiel eines echten Missionars, der selber den Erfolg seiner Glaubensaussaat nicht mehr messen konnte. Es ist der Heilige Peter Chanel! Er lebte um 1840 auf einer Insel in Ozeanien in der Mission. Er musste den wohl größten Frust eines Missionars erfahren: Keinen einzigen zu Lebzeiten konnte er taufen und zum Glauben führen! In seiner Enttäuschung freundete er sich allerdings mit dem Häuptlingssohn an, der als einziger (von vielen Tausenden) sich für die Botschaft des Missionars interessierte! Und da passierte es „noch zu guter Letzt“, dass der Häuptling, also der Vater selbst, diesen Missionar umbringen ließ, um seinen Sohn und Thronfolger unversehrt in den heidnischen Traditionen zu belassen! Erst der qualvolle Tod dieses heiligen Peter Chanel war dann die „Wende“. Beeindruckt von diesem Glaubensmut und der Bescheidenheit des Missionars, bekehrte sich der Häuptling schließlich selbst mit seinem ganzen Volk! Sicherlich ein radikales Beispiel; doch ein Beispiel für: Erst Frust, und dann „hundertfache Frucht“!

Wer hören kann, der höre! Dort, wo die Saat aufgeht, bringt Gottes Wort immer auch reiche Frucht. Amen.