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Das Brot und die Welt

von Pfarrer Thomas Gruber.

Die Speisung der 5.000


Als Jesus das hörte, zog er sich allein von dort mit dem Boot in eine einsame Gegend zurück. Aber die Volksscharen hörten davon und folgten ihm zu Fuß aus den Städten nach. Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen und heilte ihre Kranken.


Als es Abend wurde, kamen die Jünger zu ihm und sagten:

Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät geworden. Schick die Leute weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen!


Jesus aber antwortete:

Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!


Sie sagten zu ihm:

Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische hier.


Er antwortete:

Bringt sie mir her!


Dann ordnete er an, die Leute sollten sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten und alle aßen und wurden satt.


Und sie sammelten die übrig gebliebenen Brotstücke ein, zwölf Körbe voll. Es waren etwa fünftausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder.


Matthäus 14,13-21

Nichts ist „global“ und allgemein so wichtig wie das Brot.
Nichts ist „konkret“ und speziell so wichtig wie das Brot.

Das Brot ist für unsere Welt ein entscheidendes Element, ein lebenswichtiger Wert und damit Spiegel des Lebens.

Wenn Menschen gesättigt werden und satt sein können, können können sie glücklich werden.
Wenn Menschen nicht hungern müssen, dann geschieht echter Zusammenhalt.
Wenn die Menschheit „wachsen“ möchte, ist das Brot von entscheidender Bedeutung, es verbindet sich auch mit Erziehung und Bildung.

Das Brotwunder im Evangelium stellt sich wie ein „Schlüssel“ für diese Welt dar.

Auch Gott will im Brot der Eucharistie die entscheidende Verbindung mit uns aufnehmen. Gottes Sohn will in einem Stück Brot unter uns voll und ganz gegenwärtig sein. Er will uns damit auch innerlich verwandeln.

Die Eucharistie ist für uns im Glauben ein Höhepunkt und die Quelle des Lebens mit Gott, so sagt das zweite Vatikanische Konzil. Von der verwandelnden Kraft erzählt das Evangelium vom Brotwunder: Die Speisung der 5.000, die wunderbare Brotvermehrung.

Zum einen zeigt die Brotvermehrung abermals wieder die Großzügigkeit Gottes uns Menschen gegenüber. Selbst wenn „es uns mangelt“, seine Liebe uns gegenüber bleibt immer unendlich.
Und zum anderen offenbart die Brotvermehrung, wohin wir uns innerlich verwandeln sollen.

Unsere Sprache zeigt uns, wie wir uns verwandeln können. Das Wunder spiegelt diese Wandlungsfähigkeit.

Die negative Wandlung drückt sich aus in den Worten:

„Wenn wir etwas teilen müssen, dann wird es weniger“.

Wenn wir alles nur so sehen, werden wir eng und extrem geizig. Auch wenn Sparsamkeit eine Tugend ist, die es zu schätzen gilt, so ist sie nie das höchste Ziel. Denn mitnehmen kann keiner etwas.

Wenn wir etwas teilen müssen, dann wird es weniger.

Wenn wir es nur so sehen, wird unsere Welt enger und kälter. Wir würden uns nur auf die materiellen Güter zurückziehen, könnten aber das Ganze nur in einer gewissen Oberflächlichkeit aushalten.

Doch das Brotwunder schärft unser Herz (ja weitet unser Herz) in eine andere Richtung.

Positive Formulierungen lauten zum Beispiel:

„Geteilte Freude ist doppelte Freude und
„Geteilter Schmerz ist halber Schmerz“.

Teilen vermehrt das Positive und verringert das Negative.

Wir werden größer, wenn sich das Brot vermehrt. Gott beginnt uns gegenüber mit seiner Großzügigkeit. Wir geben diese Großzügigkeit in der Nächstenliebe weiter. Das Wunder der Verwandlung ist ein großes Geschenk; wir alle können es fassen und weitergeben.

Der Prophet Ezechiel hat es schon im Alten Testament vorausgesagt, dass die wichtigste Wandlung ein neues Herz aus Fleisch ist – und nicht eines aus Stein.

Gerade das „Brot der Welt“, das heißt die Belange dieser Welt, sind die Zeichen der Zeit, die diese Verwandlung darstellen.

Wenn zum Beispiel Getreide für Spekulationen gehortet wird, um den Getreidepreis nach oben zu treiben, und für diese Gewinnmaximierung Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, also Menschen in Hunger geraten und deshalb leiden müssen, geschieht keine eigentliche Verwandlung der Herzen.

Wenn sich aber die Welt „zusammentut“ und nicht auf die Erfolge gewisser Gruppen, die Macht Einzelner und eigene Befindlichkeiten schaut, dann geschieht Verwandlung im Sinne der Brotvermehrung.

Unser Klima, unsere Gesundheit, die Menschenwürde und der gerechte Ausgleich sollen nicht im Sinn der Profitausrichtung von einzelnen Firmen laufen, sondern stehen immer in der solidarischen Ausrichtung auf das Wohl aller – im Sinne der Nächstenliebe. Sie ist uns von Gott geschenkt.