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Der Rote Knopf

von Pfarrer Thomas Gruber.

Zu jener Zeit kamen einige Leute und berichteten Jesus von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte.

Und er antwortete ihnen:
Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.
Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms am Schilóach erschlagen wurden – meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.

Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis:
Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen!

Heute drückt Jesus echt auf den Roten Knopf! :-0

Liebe Schwestern und Brüder!
Wenn ich sage Jesus drückt „auf den Roten Knopf“, meine ich natürlich nicht, dass er auf einen „Knopf der Waffen“ drückt. Er drückt heute (gewissermaßen) auf einen Alarmknopf, und die Sirenen schrillen laut und deutlich.

Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.

Jesus spricht die Gefühle und Emotionen der Menschen an.

Wenn Jesus heute auftreten würde, könnte sich das vielleicht so anhören:
„Glaubt ihr denn, nur die 127.000 Coronatoten hätten Schuld auf sich genommen? Nein, ihr werdet alle so umkommen wie sie, wenn Ihr euch nicht bekehrt.“ Oder: „Glaubt ihr denn die vielen Toten des Ukrainekriegs wären schuld an ihrem schrecklichen Unglück? Nein, euch allen wird es so ergehen wie ihnen, wenn Ihr nicht umkehrt.“

Die Alarmglocken ertönen, die Gefühle laufen heiß und man müsste sich festhalten auf seinen Sitzen, wenn man solche Worte hört. Diese Sätze wirken deplatziert, sind „unselig“, wie Schläge ins Gesicht. Wirken wie ein Hammer auf die betroffenen Seelen – und ich gebe zu, dass ich eine solche Predigt natürlich nicht so beginnen lassen kann.

Was hat sich Jesus wohl da gedacht, als der diese Worte formulierte?

Er geht in unsere Gefühlswelt hinein und legt seinen Finger tief in unsere Seele. Natürlich will er nicht Trauernde von Krankheit und Krieg verhöhnen, oder will der Seele – völlig unsensibel – vor den Kopf stoßen. Er will nicht ein brutaler „Trampler“ sein.

Um was geht es denn Jesus heute?

Er legte seine Finger in die Wunden der damaligen Zeit und er befördert uns in einen hochemotionalen Zustand.
Jesus wollte „Distanzhaltungen“ von damals hinterfragen. Damals gab es das Muster: Die anderen sind „in Schuld“, uns betrifft das ja nicht.

Diese Haltung war damals und ist teilweise heute noch sehr verbreitet. Eben: „Distanz zu halten“.

Sicherlich, wenn wir heute die Situation anschauen, darf man sagen: Nein! Heute sind wir mehr eingebunden in die „Betroffenheit“ und es ist löblich, dass es eine Welle der Solidarität und Menschlichkeit im derzeitigen Ukrainekonflikt gibt. Ich glaube doch sehr, dass Jesus das jetzt auch sehr loben würde!

Aber, man darf dazu anmerken, dass diese „Betroffenheit“ auch ein Stückweit „mediengebunden“ ist. Und Medien können auch nicht alles. Unsere Welt ist zu zerbrechlich, und alle Orte, wo Hilfe Not tun, können sie nicht in gleicher Weise „lebendig werden“ lassen. Dort, wovon man nichts hört, ist oft nichts los.

Jesus möchte aber auch, dass wir immer „eingebunden bleiben“ und nicht in eine „Distanzhaltung“ abdriften.
Es gibt leise „Distanzhaltungen“, die nicht nur in Schuldzuweisung besteht. Ein „Betroffenheitssyndrom“ oder ein „Aktionssyndrom“ kann auch Distanz aufbauen. Doch wir sind alle „in einem Boot“.

Wir sind gefragt, auch „uns selbst zu er-/bekennen“, auch wir dürfen uns selber fragen und uns der Frage stellen: „Wie schaut es aus, mit uns und unserer Zuwendung zu unserem Schöpfer und Erlöser gegenüber.“ Jesus wirbt heute (hart) mit seiner Frage: „Wie schaut es aus mit der Beziehung zu mir?“ „Von mir kommt alles; zu mir geht alles.“

Liebe Schwestern und Brüder!
Gott sei Dank bleibt er heute nicht mit seinem Finger auf dem „Roten Knopf“. Er geht schon wieder runter.
Er droht nicht weiter mit Worten wie: „Die Kriege und Katastrophen bleiben, wenn ihr euch nicht bekehrt!“
Nein. Er kommt mit dem Feigenbaumgleichnis.

Das mit dem Feigenbaum ist keine Drohung, es ist eine Chance. Gott wendet sich uns ganz persönlich zu, er ist uns persönlich ganz nah und will unsere Zustimmung, nicht auf Druck oder gar Zwang, sondern aus Liebe.
„Krise“ und „Chance“ ist in manchen Sprachen dasselbe Wort. Geben wir Gott eine Chance, weil er uns eine gibt.
Alles, was in unserer zerbrechlichen und zerrütteten Welt schiefläuft und zu zerbrechen dort, ist am Ende immer noch in Gottes Hand. Das will Jesus auch sagen. ER STEHT AM ENDE, MIT SEINER GERECHTIGKEIT (wo sie Not tut) UND LIEBE (die wir immer brauchen).