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Neujahrsgedanken 2023

von Pfarrer Thomas Gruber.

Liebe Schwestern und Brüder an Neujahr, liebe Mitchristen,
diese Predigt möge heute dazu dienen, uns zuzusagen, dass wir gesegnet sind.

Diesen schönen und bekannten Segenspruch hörten wir heute wieder in der Lesung:

Der HERR segne dich und behüte dich.
Der HERR lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.

Er steht im 4. Buch Mose, das heißt im Buch Numeri, im 6 Kapitel.

Aaron, der Bruder des Mose und Mitglied der Priestergruppe Israels, hat einen deutlichen Auftrag: Den Menschen Gott zuzusprechen. Auch heute hoffen wir auf den Zuspruch Gottes am Anfang eines Kalenderjahres. 2023 birgt Unsicherheiten. Wenn man 100 Jahre zurückdenkt – an das Jahr 1923 – weiß man: Auch damals brauchte es viel Segen, um es zu überstehen – damals, mit den vielen politischen und wirtschaftlichen Unruhen.

„Segnen“ ist vom Wortstamm her nahe dem Wort aus dem Lateinischen „signare“. Das bedeutet „bezeichnen“. Jemanden ein Kreuz auf die Stirn machen und sagen: Gott sei mit dir. Im Lateinischen sagt man für Segnen „benedicere“. Das heißt, dem Anderen Gutes zusagen und wünschen. Gottes Wohlwollen ist die Grundlage jeden Segnens. Und ein jeder von uns kann segnen, also Gottes Wohlwollen zusprechen.

Wir brauchen Gottes Kraft. Der Segen ist der Wunsch, dass Gott es auch will. Der Segen ist keine magische Zauberkraft. Das würde den Segen zu einfach machen und hätte dann nichts mehr mit dem Glauben zu tun. Segen ist immer ein Zuspruch und das Vertrauen, dass Gott da ist – in den heilvollen aber auch in den unheilvollen Umständen. Der Segen verstärkt das Vertrauen in ihm. Der aaronitische Segen ist einfach und bestechend zugleich.

Der HERR segne dich und behüte dich.
Der HERR lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.

Drei Teile hat er und wirkt dadurch schon etwas trinitarisch – wie ein Segen mit Gott Vater, Sohn und Geist. Immer ist es Gott selber, der handelt. ER ist es, der im Segen wirkt, wir sind nur die Übermittler.

Drei einfache Botschaften vermittelt dieser Segen.

Er sagt, dass wir behütet sind. Das heißt kurz und knapp gesagt, unser Herz hat eine „Kopfbedeckung“. Bei Kindersegnungen vergleiche ich gerne: der Segen ist wie eine warme Haube für mein inneres Leben. Es kann kalt sein und stürmen; der Segen ist eine Macht der Wärme für mein Herz. Äußerlich kann es so viele Widrigkeiten geben, und äußerlich ist immer Kälte spürbar. Doch dieses „Behütetsein“ ist ein deutliches Zeichen, dass wir nicht dem Zufall überlassen sind, sondern dass Gott uns führt und trägt, auch über die Abgründe dieser Welt hinaus.

Im Weiteren heißt es sehr schön, er lässt sein Antlitz, also sein Gesicht, über Dir leuchten und sei Dir gnädig. Wenn eine Mutter sich mit ihrem Gesicht über ihr Kind beugt und es anstrahlt (anlacht), geschieht seelische Wärme. Wenn ein Kind weint, weil etwas fehlt, kann es oft passieren, dass das Gesicht der Mutter wieder etwas an Frohsein bringt. Das ist ein Bild des Segens Gottes. Er strahlt uns an. Er schenkt uns etwas, das die Welt alleine (noch) nicht geben kann. Es ist diese innere Wärme, die im Segenstext als „er ist uns gnädig“ ausgedrückt ist. Damit sei gesagt, der Segen ist ein Geschenk. Das leuchtende „Gesicht Gottes“, ganz gleich wie wir es erfahren, bekommen wir – ohne Vorleistung. Ohne, dass wir dafür was tun müssten. Im Segen steckt aus diesem Grund sehr viel innere Kraft. D. Bonhöfer sagte einmal: „Der Segen bedeutet: Du gehörst trotz allem Gott.“ Gott gehören heißt nicht, wie eine Sache „Besitztum Gottes“ zu sein, sondern ganz im Vertrauen Gottes zu stehen. Wir gehören zusammen. Egal wie die Umstände sind.

Im dritten Teil des Segens wird gesagt: Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden. Der Friede ist der Lohn des Segens. „Schalom“ sagt der Text im Original. Das Wort „Schalom“ kennen wir alle. Schalom heißt Friede. Schalom bedeutet auch politischer Frieden und Ende des Krieges. Von dieser Hoffnung mögen wir auch immer getragen sein. Doch „Schalom“ ist immer auch mehr als nur ein Waffenstillstand („Abwesenheit von Krieg“). Im Wort Schalom steckt auch die Idee und die Erfahrung von Heil und endlosem Wohlergehen. Schalom ist auch das Ziel eines jeden Segens. Nämlich das endgültige Wohlergehen bei Gott selbst.

Liebe Schwestern und Brüder,
möge dieses Jahr Gottes Segen wieder wirken. Möge der vielseitige Segen Gottes die kommenden Tage wieder mit seinem Licht erfüllen. Wir brauchen den Segen so dringend, er ist eine unsichtbare und doch so tiefliegende Macht, die unser Herz wärmt und aufbaut und uns Hoffnung für das kommende Jahr gibt. Amen.