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Predigt zum 3. Sonntag in der Osterzeit 2021

von Pfarrer Thomas Gruber.

Da erzählten auch die Emmausjünger, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.

Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen:
Friede sei mit euch!

Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen.

Da sagte er zu ihnen:
Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.

Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße.

Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten und sich verwunderten, sagte er zu ihnen:
Habt ihr etwas zu essen hier?

Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Dann sagte er zu ihnen:
Das sind meine Worte, die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht.

Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften.

Er sagte zu ihnen:
So steht es geschrieben: Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden. Angefangen in Jerusalem, seid ihr Zeugen dafür.

Lukas 24, 35-48

Der Abschluss des Lukasevangeliums fasst unseren Auferstehungsglauben zum dritten Mal (zum 3. Sonntag in der Osterzeit) zusammen: Die Auferstehung ist der Kern unseres Glaubens – auch wenn es sehr viele gibt, die nicht so richtig an die Auferstehung glauben können. Statistiken sagen, nur die Hälfte der Katholiken glauben an die Auferstehung!

  • Der Auferstehung begegnen auch die Apostel mit einer gewissen „gesunden Skepsis“. Diese will vom naiven Kinderglauben reinigen. Wer zu naiv glaubt, ist leicht manipulierbar und wenig gewappnet gegenüber Enttäuschungen im Leben.
  • Der Glaube an Auferstehung ist nicht abhängig von einem Kulturkreis oder einer Tradition, sondern ist für jeden Menschen geeignet oder besser „gedacht“.
  • Der Glaube an die Auferstehung ist nicht nur eine philosophische Erkenntnis hinsichtlich der „Unsterblichkeit der Seele“. Die christliche Lehre glaubt an die Unsterblichkeit der Seele. Aber der christliche Auferstehungsglaube ist mehr. Er speist sich aus den österlichen Erfahrungen der Jünger. Nicht nur die Seele – wie immer man sie sich auch vorstellt – kommt in den Himmel.
  • Im Glaubensbekenntnis heißt es auf griechisch: „Prosdokomen anastasis nekron“. Zu deutsch: „Wir glauben an die Auferstehung der Toten“. Dies will zum Ausdruck bringen, dass es auch eine leibliche Auferstehung gibt.

Das Evangelium betont, dass Jesus Christus, der Auferstandene, kein „Geistwesen“, sondern leiblich ist. Als Auferstandener isst er einen Fisch (siehe Verse 42 und 43).

Der christliche Glauben macht gegenüber den griechischen Philosophen platonischer Prägung, die von einer höherwertigen immateriellen („körperlosen“) Welt reden, einen deutlichen Unterschied. Für die platonische Philosophie hatte der unsichtbare seelische Bereich immer Vorrang, das Leibliche war zweitrangig und damit schlechter, die Seele lebt im Gefängnis des Leibes und befreit sich beim Tod von diesem.

Im Gegensatz dazu betont das Christentum die Einheit von Seele und Leib. Beide sind gleich wertvoll und wichtig. Das Ewige Leben umfasst sowohl Seele als auch Leib. Der Leib ist genauso wichtig wie die Seele, beides wird auferstehen. Paulus sagt im 15. Kapitel (Vers 42 ff.) des Korintherbriefes: „Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit“. Gott wird es also „schon richten“ nach dem irdischen Tod: Er wird Seele und Leib auferwecken, und wir brauchen uns keinen Kopf machen, wie das gehen soll. „Man darf ihn da auch mal machen lassen, ohne dass wir hier bekümmert sein müssen“. Sicherlich, wenn wir die Augen schließen, ist für uns die zugleich schwierigste und einfachste Aufgabe, uns fallen zu lassen. „An diesem Sprung hin zum Tod hängt das Leben“ (vgl. S. Kierkegaard).

Glaube ist leiblich und achtet, dass Geist und Leib Hand in Hand „miteinander gehen“; für den Glauben ist der Leib wichtig, damit wir wahrhaftig leben. Seele und Leib gehören untrennbar zusammen.

Mein Musterbeispiel dazu, um die Verbindung von beiden zu verstehen, ist, wenn ein Menschen um andere Menschen trauern: Der Geist / die Seele der Trauernden sagt: „Es wird schon alles recht, er ist erlöst, er muss nicht mehr leiden“. Doch der Geist / die Seele alleine ist noch zu wenig, der Geist alleine kann allzu leicht verdrängen und vertrösten. Daher geht der Leib Tag für Tag ans Grab, pflegt es, gießt die Blumen, verarbeitet die Trauer, oft auch mit vielen Tränen. Zu echter Trauer braucht es den Leib.

Der Glaube schaut – bis in die Ewigkeit – auf diese Einheit von Geist und Leib. So gesehen sagt uns der Glaube an die Auferstehung des Leibes sehr viel: Der Glaube darf nicht „billig“ sein, darf nichts verdrängen und nicht vertrösten. Der Glaube braucht Seele und Leib, um echt und wahrhaftig zu sein.

Belege dafür, echt und wahrhaftig zu sein, sind auch die Sakramente, das Gebet, der Sonntag. Alle diese Dinge haben ja einen leiblichen Anteil, der nicht ausgeschlossen werden darf. Das Leibliche wird wertgeschätzt.

Die Sakramente – Taufe, Beichte, Kommunion, Firmung, Ehe, Weihe und Krankensalbung – sagen uns: Nicht nur der Geist ist wichtig. Das Reinigen, das Sprechen über sich, das Essen, das Berühren, das Riechen, auch die leibliche Sexualität gehören in den Glauben hinein. Alles steht in der Einheit, alles gehört in voller Verantwortung zum Glauben an die Auferstehung. Das Gebet ist nicht nur etwas geistiges, der Leib, die Lippen, der Mund, die Rituale, sind dabei genauso wichtig. Der Sonntag ist nicht nur eine geistige Veranstaltung, auch er formt die leibliche Kultur unserer Gesellschaft.

Alles wird einmal der Auferstehung entgegengeführt.